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Wird das Bargeld abgeschafft? Bestandsaufnahme und Ausblick

Wird das Bargeld abgeschafft? Eine wachsende Zahl von Bürgern sorgt sich genau darum. Die Sorge vor einer Beschneidung der ökonomischen Freiheit jedes einzelnen ist das Resultat konkreter Einschränkungen des Bargeldverkehrs in mehreren europäischen Ländern und wird durch Äußerungen von Ökonomen und Politikern immer wieder genährt.

Wird das Bargeld abgeschafft und welche Konsequenzen hätte das für Bürger, Wirtschaft und die Kreditvermittlungsbranche?

Doch wie realistisch ist ein Bargeldverbot derzeit und welche Konsequenzen hätte es für Bürger, Wirtschaft und die Kreditvermittlungsbranche?

Jüngste Äußerungen von Wirtschaftsweisen und Bundesbank

In der jüngeren Vergangenheit haben sich mehrere Top-Ökonomen, Banker und Politiker im Hinblick auf eine mögliche Bargeldabschaffung in Deutschland und Europa geäußert. Mitte Mai bezog der Wirtschaftsweise Peter Bofinger (tendenziell dem Keynesianismus zuzurechnen) Stellung. Gegenüber dem "Spiegel" sagte Bofinger:

Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine tatsächlich
ein Anachronismus

Weiterführender Link:Spiegel: Peter Bofinger will Münzen und Scheine abschaffen

Bemerkenswert an den Äußerungen Bofingers war das schlechte Licht, in das er Bargeld rückte. So entfiele ein Drittel des Bargeldbestands auf 500-Euro-Scheine: "Fürs Einkaufen braucht die niemand, damit wickeln lichtscheue Gestalten ihre Geschäfte ab". Lange warten möchte der Ökonom mit der Abschaffung des Bargeldes nicht mehr. Er hätte das Thema gerne auf der Tagesordnung des G7-Gipfels gesehen. Seiner Meinung nach müsste das Bargeld in der Eurozone, den USA, in Großbritannien und in der Schweiz synchron abgeschafft werden.

Auf die medial vorgetragenen Wünsche Bofingers reagierte die Deutsche Bundesbank ablehnend, wenn auch nicht kategorisch ausschließend. Bundesbankpräsident Jens Weidmann trug auf einer Konferenz in Frankfurt vor:

Eine Verdrängung des Bargelds ist aus meiner Sicht auf absehbare Zeit kein realistisches Szenario, unter anderem deshalb nicht, weil sich das Bargeld als Zahlungsmittel bei uns weiterhin großer Beliebtheit erfreut

Weiterführender Link:Finanzen.net: Bundesbank Präseident Weidmann gegen Bargeldabschaffung

Bemerkenswert: Weidmann ging explizit auf die von manchen Wirtschaftswissenschaftlern befürwortete Möglichkeit negativer Zinssätze ein, die durch ein Bargeldverbot sehr viel durchgreifender umgesetzt werden und nach Ansicht mancher Ökonomen das Wirtschaftswachstum stimulieren könnten. Weidmann äußerte im Kern , dass die gegenwärtige Wachstumsschwäche strukturelle Ursachen habe und nicht geldpolitisch, sondern durch Reformen der Politik behoben werden müsse.

Die Debatte in Deutschland erfuhr durch die Äußerungen von Bofinger ziemlich genau sechs Monate nach ähnlichen Forderungen des US-Ökonomen Kenneth Rogoff eine Neuauflage. Rogoff hatte im vergangenen Herbst auf einer Veranstaltung des Münchner ifo-Instituts die Abschaffung des Bargeldes gefordert und dies mit einer verstärkten Wirkung der Geldpolitik verbunden:

Die Zentralbanken könnten auf diese Weise leichter Negativzinsen durchsetzen, um so die Wirtschaft anzukurbeln.

Aktuelle und geplante gesetzliche Einschränkungen des Bargelds in Europa

Kritische Zeitgenossen befürchten nicht nur ein Bargeldverbot, sondern sehen es in weiten Teilen längst umgesetzt bzw. in Planung. Tatsächlich gelten in vielen europäischen Ländern teils massive Einschränkungen. Ein Überblick.

Dänemark
Die dänische Notenbank hat angekündigt, ab 2016 keine Banknoten mehr drucken zu wollen.Die dänische Notenbank hat angekündigt, ab Ende 2016 keine neuen Banknoten mehr drucken zu wollen. Als Grund gibt die Zentralbank die geringe Nachfrage an. Dies bezieht sich jedoch vornehmlich auf den Einsatz von Bargeld im Zahlungsverkehr. Der durch die dänische Zentralbank ausgewiesene Bargeldumlauf steigt dagegen – ein sichtbares Zeichen für den Trend zur Hortung von Bargeld.

Die mittlerweile abgewählte dänische Regierung hatte im Frühjahr ein Vorschlagspapier zur konjunkturellen Belebung präsentiert, das den Zwang zur Annahme von Bargeld für kleine Läden, Restaurants und Tankstellen aufheben sollte. Ob dies umgesetzt wird ist unklar.

Schweden
Schweden gilt als Vorreiter in Sachen Bargeldabschaffung.Schweden gilt als Vorreiter in Sachen Bargeldabschaffung. Das Land, das 1661 als erstes europäisches Königreich Papiergeld einführte, schafft es seit Jahren Schritt für Schritt wieder ab.

In Schweden werden selbst Kleinstbeträge an Imbissbuden längst mit Kreditkarte bezahlt. Sogar die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs erfordert in Städten wie Stockholm längst bargeldlose Zahlungsmittel. Schon im Jahr 2012 führte mehr als jede vierte Bankfiliale in Schweden kein Bargeld mehr.

In Schweden scheint es eine breite gesellschaftliche Mehrheit für die Abschaffung des Bargeldes zu geben – jedenfalls plädieren neben Banken und Handel auch viele Politiker und Gewerkschaften für die Abschaffung von Banknoten.

Weiterführender Link:Merkur: Schweden schafft Bargeld ab

Frankreich
In Frankreich gilt schon seit Jahren eine Obergrenze für BarzahlungenIn Frankreich gilt schon seit Jahren eine Obergrenze für Barzahlungen von 3.000 €. Verstöße werden mit einer Strafe in Höhe von 5% des Transaktionswertes geahndet - beide in die Transaktion involvierten Parteien haften für die Strafe gesamtschuldnerisch.

Die Obergrenze für Barzahlungen wird ab September auf 1.000 € herabgesetzt. Für Ausländer ohne Wohnsitz in Frankreich gilt eine Obergrenze von 15.000 €. Die französische Regierung plant, die Zahl der umlaufenden 500-Euro-Scheine zu reduzieren.

Italien
In Italien gilt seit 2012 eine Obergrenze für Barzahlungen.Bereits im Juli 2012 wurde die Obergrenze für Barzahlungen auf 1.000 € festgelegt. Zuvor waren maximal 2.500 € erlaubt. Die Einschränkung der Barzahlung in Italien gilt als besonders deutlicher Eingriff in das Wirtschaftsleben, da Kartenzahlungen in dem Land sehr viel weniger verbreitet sind als z. B. in Deutschland. So zahlen 2012 lediglich zehn Prozent der Italiener mit Kreditkarte oder Girocard.

Deutschland
Auch in Deutschland gibt es längst Einschränkungen des Bargeldverkehrs.Auch in Deutschland gibt es längst Einschränkungen des Bargeldverkehrs. Besonders deutlich wird dies bei der Steuererklärung: Wer Handwerkerrechnungen steuerlich geltend machen möchte, muss den Nachweis einer unbaren Zahlung per Überweisung erbringen. Sonst erkennt der Fiskus die Rechnung nicht aus steuermindernd an.

Neue technische Entwicklungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr

Nicht nur auf politischer Ebene gibt es viele Befürworter einer Bargeldabschaffung. Auch Banken und der Handel setzen auf bargeldlose Zahlungen. Beide versprechen sich davon höhere Umsätze und Gewinne – und nicht zuletzt auch einen erweiterten Zugriff auf Daten zum Konsum- und Ausgabeverhalten der Bürger. In den letzten Jahren hat es mehrere, möglicherweise entscheidende technische Entwicklungen in diesem Bereich gegeben.

Die wichtigste betrifft NFC-Chips, mit denen kontaktlos gezahlt werden kann. Ist ein Zahlungsterminal entsprechend ausgerüstet, muss der Chip lediglich in einigen Zentimetern Abstand davor gehalten werden, damit der Betrag abgebucht wird. Die Deutsche Kreditwirtschaft stattet Girocards (Maestro und V-Pay) mit den Chips aus. Der NFC-Standard firmiert dann unter der Marke „girogo“. Visa und MasterCard nennen ihre nur in Details abweichenden Technologien „payWave“ bzw. „payPass“.

Solange die Chips lediglich in Zahlungskarten integriert sind, bleiben die Unterschiede zu den etablierten Kartenzahlungssystemen überschaubar. Entscheidend für die Akzeptanz von NFC-Chips könnte jedoch deren Integration in Smartphones und Smartwatches sein – jedenfalls erhoffen sich deren Hersteller ebenso wie Banken und Kartengesellschaften dadurch eine größere Reichweite.

Tatsächliche Nutzung von Bargeld in Deutschland und Europa

Bislang zahlen die Konsumenten zumindest in Deutschland noch überwiegend bar – vor allem kleine und mittelgroße Beträge werden so bezahlt. Eine Studie der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten aus dem Jahr 2011 ermittelte, dass 53 Prozent der getätigten Ausgaben mit Bargeld bestritten werden – fünf Prozentpunkte weniger als bei der erstmaligen Durchführung dieser Studie im Jahr 2008.

Weiterführender Link:Zahlungsverhalten in Deutschland 2011

Doch längst nicht überall in Europa ist Bargeld noch das beliebteste Zahlungsmittel. Schweden könnte das erste Land sein, dass Bargeld gänzlich abschafft. Warum Bargeld in dem skandinavischen Land so unbeliebt ist, kann nur spekuliert werden.

Befürworter der Bargeldabschaffung behaupten, die Schweden seien von den Vorteilen bargeldloser Zahlungen überzeugt. Kritiker mutmaßen, die geringe Affinität zu schwedischem Bargeld resultiere aus dessen weitgehender Substitution durch Euro-Banknoten. Demnach zahlen die Schweden zwar unbar, bewahren jedoch Euro-Bargeld auf.

Argumente, die für eine Bargeldabschaffung vorgebracht werden

Befürworter eines Bargeldverbots führen immer dieselben Argumente für ihr Anliegen an und behaupten, ohne Bargeld gebe es weniger Kriminalität und mehr Wirtschaftswachstum. Zudem seien die Transaktionskosten bei unbarer Zahlung geringer als bei Bargeld. Laut Peter Bofinger würde die Abschaffung des Bargeld auch die Märkte für Schwarzarbeit und Drogen austrocknen.

Kenneth Rogoff führte im November sehr deutlich an, was noch damit bezweckt ist: "Die Zentralbanken könnten auf diese Weise leichter Negativzinsen durchsetzen, um so die Wirtschaft anzukurbeln".

Banken und Handel behaupten, bargeldlose Zahlungen senkten die Transaktionskosten. Natürlich würden bei einer Abschaffung des Bargeldes bestimmte Kosten entfallen. Banken müssten keine Geldautomaten mehr betreiben und keine Bargeldbestände mehr sichern. Auch Geldtransporte wären nicht mehr notwendig. Der Handel müsste Barbestände nicht aufwändig zur Bank transportieren und keine Kleingeldbestände mehr vorhalten.

Ob sich die Wartezeiten an der Kasse tatsächlich verkürzen würden ist dagegen ungewiss: Heute jedenfalls nehmen Kartenzahlungen durch die Eingabe der PIN und den Druck des Zahlungsbelegs mehr Zeit in Anspruch als die meisten Barzahlungen. Der Großteil der Wartezeit resultiert ohnehin nicht aus dem eigentlichen Bezahlvorgang, sondern aus dem Einlesen der Waren auf dem Band – das auch bei vollständig unbarer Zahlung weiterhin erforderlich wäre.

Dass sich "negative Zinsen leichter durchsetzen" lassen, wenn Bürgern die Möglichkeit zur Bargeldhortung genommen wird, ist eine sehr eigentümliche Auffassung. Schließlich sind durch Staat oder Notenbank verordnete negative Zinsen ein Instrument der Enteignung: Die Guthaben der Anleger werden per Dekret regelmäßig verringert, um die Anreize zum Konsum zu vergrößern. Solche Maßnahmen stehen der Ersparnisbildung entgegen – was mittelfristig ganz sicher zu geringeren Wachstumsraten führen muss.

Dass die Bekämpfung von Kriminalität und Schwarzarbeit durch ein Bargeldverbot einen Schub erhalten könnte ist eine nicht nachweisbare Behauptung, auch wenn manche Studien genau diese aufzustellen versucht sind. So hat sich ein beträchtlicher Teil des organisierten Verbrechens längst in die virtuelle Wert verlagert, in der es bekanntlich noch nie Bargeld gab. Zudem wird sich das Verbrechen bei Bedarf neue Wege suchen – vom Mafia-Chef bis zum Kleinkriminellen auf der Straße.

Staat und Banken als Profiteure der Bargeldabschaffung

Die Frage muss gestellt werden: Warum interessieren sich Top-Ökonomen wie Rogoff und Bofinger plötzlich für Drogenhandel und Warteschlangen? Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Befürworter der Bargeld-Dämmerung im Sinne jener agieren, die mehr Macht und mehr Kontrolle für den Staat und das Finanzsystem durchsetzen wollen.

Der Staat könnte seine Einnahmen erhöhen, wenn Schwarzarbeit durch unbare Zahlungen häufiger auffallen würde und die geleistete Arbeit einer Besteuerung unterzogen würde. Zudem, so hoffen die Befürworter, wäre Steuerflucht ins Ausland nicht mehr möglich. Der Staat hätte zudem sehr viel einfacher Zugriff auf das Geldvermögen der Bürger – eine „Restrukturierung“ der Staatsverschuldung ließe sich per Knopfdruck vornehmen, Ausweichmöglichen und Widerstand wären zwecklos.

Banken wären künftig an allen Transaktionen beteiligt und könnten zusammen mit Handel, Kartengesellschaften und anderen Konzernen das Konsumverhalten jedes einzelnen Bürgers bis ins Detail dokumentieren und auswerten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Abschaffung des Bargeldes sehr rasch weitere Maßnahmen zur Überwachung folgen müssten. Dazu einige Überlegungen.

Das wären die Konsequenzen der Bargeldabschaffung

Angenommen, das Bargeld wäre verboten und ein Bürger beschließt, einen befreundeten Handwerker an einem Samstagnachmittag für vier Stunden mit einigen Arbeiten im Haus zu beauftragen – schwarz, versteht sich. Statt 55 € kostet die Stunde lediglich 30 € - die komplett und ohne Abzüge in die Tasche des Handwerkers fließen.

Doch wie soll das bewerkstelligt werden, wenn es kein Bargeld mehr gibt? Ganz einfach: Der Auftraggeber zahlt den Handwerker mit einem Amazon-Gutschein aus. Halt: Das wird so in Zukunft nicht mehr funktionieren! Setzen sich anonyme Gutscheincodes einzelner Händler als Ersatzwährung durch, müsste der Staat nach dem Bargeld auch diese verbieten. Dann gibt es entweder gar keine Gutscheine mehr oder nur noch solche, die ausschließlich durch eine bestimmte Person eingelöst werden können.

Szenario: Gold und Amazon-Gutscheine werden verboten

Dasselbe gilt für Edelmetalle, die das nächste Substitut zu Bargeld sind. Der Staat könnte festlegen, dass alle Goldbestände bis zu einem festgelegten Stichtag zu einen bestimmten Kurs in digitale Bankguthaben umzutauschen sind. Danach ist der Einsatz von Gold strafbar: Wer beim Versuch es als Zahlungsmittel einzusetzen ertappt wird, verliert das Gold und muss obendrein eine Strafe in Kauf nehmen.

So geht Überwachungsstaat. Es geht sogar noch mehr: Wer dem Staat gegenüber als Kronzeuge auftritt und eine Gold-Transaktion mit eigener Beteiligung verrät und bezeugt, darf einen Teil des Goldes als Finderlohn in digitale Bankguthaben umtauschen. Kronzeugenregelungen dieser Bauart kommen heute bereits im Kartellrecht zur Anwendung.

Szenario: Keine Transaktion ohne Besteuerung

Nun ließe sich einwenden, dass der Handwerker im obigen Fall schlicht durch eine Überweisung bezahlt werden könnte, die als "privat" deklariert wird. Spätestens wenn eine Person mehrere solcher Überweisungen pro Jahr tätigt oder empfängt, dürfte der Algorithmus in der staatlichen Finanzverwaltung jedoch anschlagen.

Die technische Umsetzung einer naheliegenden Lösung ist einfach: Jeder Bürger verfügt künftig über einen "Transaktionsfreibetrag" von z. B. 801 € pro Jahr. Alle nicht einem registrierten Händler/Unternehmen oder einem Finanzinstitut zuzurechnenden Transaktionen darüber werden einer pauschalen Besteuerung unterworfen. Dadurch gäbe es nicht zwingend weniger Schwarzarbeit und Drogenhandel – der Staat würde aber mit daran verdienen.

Der gläserne Konsument wird abgeschöpft

Nach der Bargeldabschaffung wird sich ein weiteres Phänomen einstellen: Es wird immer weniger Bürgern gelingen, einen Teil des Einkommens zu sparen – selbst wenn die negativen Zinsen in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Kauf genommen werden. Durch die lückenlose Dokumentation des Konsumverhaltens wird es Händlern ermöglicht, von jedem Kunden bei jeder Transaktion genau den Preis zu erhalten, den der jeweilige Kunde gerade noch akzeptiert.

Der Spinat im Supermarkt kostet für alle gleich viel? Die Zeiten sind nach dem Ende des Bargeldes rasch vorbei. Die heutigen Bonuskarten- und Apps werden deutlich weiterentwickelt, so dass am Ende jeder einzelne Einkauf vom Wurstbrot bis zum Heimkinosystem "individuell" ist.

Dem Handel stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Umsetzung dieses Szenarios zur Verfügung, die an dieser Stelle nicht abschließend erläutert werden können. Nur ein Beispiel: Wer "einfach so" die Ladenpreise bezahlt, wird mit sehr hohen regulären Preisen konfrontiert. Nur wer mit einer "Kundenbindungs-App" einkauft, erhält bessere Konditionen. Die App könnte durch ein System mit diffusen Bonuspunkten, Rabatten, Kontingenten etc. individuelle Preise durch die Hintertür realisieren. Legt das Profil eines Kunden nahe, dass dieser an sonnigen Freitagen im Mai eine sehr hohe Zahlungsbereitschaft für Erdbeerkuchen an den Tag legt, wird an solchen Tagen auch ein hoher Preis berechnet - vielleicht weil in der App gerade an diesem Tag Bonuspunkte für Erdbeerkuchen nur zu einem sehr ungünstigen Verhältnis gegen Giralgeld getauscht werden können.

Auswirkungen auf die Kreditvermittlungsbranche

Diese Frage wurde so womöglich noch nie gestellt: Welche Auswirkungen hätte die Abschaffung des Bargeldes auf die Kreditvermittlungsbranche? In einem ersten Reflex scheinen sich zwei Antwortmöglichkeiten aufzudrängen. Erstens: "Keine, weil Kredite sowieso fast immer unbar ausgezahlt werden“. Zweitens: "Die Auswirkungen wären tendenziell günstig, weil Negativzinsen Kredite billig machen und die Zahl der Kreditinteressenten erhöhen."

Demgemäß hätte die Branche im Fall einer baldigen Abschaffung des Bargeldes nichts zu befürchten. Die obigen vermeintlich naheliegenden gedanklichen Reaktionen könnten sich jedoch als Trugschluss erweisen. Fakt ist, dass Kredite heute eine sehr individuelle Angelegenheit sind. Konsumenten entscheiden heute erfreulicherweise selbst, ob, in welchem Umfang, zu welchen Konditionen und für welchen Zeitraum sie zum Kreditnehmer werden.

Bestehende Kredite können jederzeit zurückgezahlt oder durch einen anderen Kredit ersetzt werden. Eine Einschränkung des Konsums ist eine leicht zugängliche Alternative zum Kredit. Alles Selbstverständlichkeiten - aber wie lange noch?

Kreditentscheidungen "aus der Cloud"

Wird das Bargeld abgeschafft, gilt das in weiten Teilen auch für die Individualität der Bürger, soweit diese über Transaktionen mit ihrer Außenwelt in Kontakt treten. Sind einer zentralen Stelle – zum Beispiel einer nicht näher definierten „Cloud“ alle Informationen zu den Konsumwünschen, Einkommensverhältnissen und zur Finanzlage einer Person bekannt, kann diese Institution geradezu präventiv Kreditentscheidungen treffen und Kredite vergeben - durchaus auch an bestimmte Transaktionen gebunden.

Gibt es kein Bargeld und keine positiven Zinsen mehr, verschwimmt letztlich auch die Unterscheidung zwischen Giralgeld auf der Habenseite und Giralgeld auf der Sollseite. Kredite als Gegenstück zur Ersparnisbildung kann es nicht geben, wenn die Kultur des Sparens durch Negativzinsen und Vollzugriff des Staates zugrunde gerichtet wird.

Schleichende Abschaffung ist wahrscheinlichstes Szenario

Natürlich droht die Bargeldabschaffung nicht in den nächsten Tagen. Sollte es nicht zu einer Neuauflage der Finanzkrise mit massiven Turbulenzen im Finanzsektor kommen, wird es bis dahin noch einige Jahre dauern.

Wie bei so vielen ambivalenten Entwicklungen in Deutschland und Europa ist ein schleichender Prozess das wahrscheinliches Szenario. Heute fordert ein Ökonom den Verzicht auf Bargeld, morgen kann bei ALDI und LIDL mit Kreditkarte bezahlt werden, übermorgen schließt jede dritte Bankfiliale in Deutschland...

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Über diesen Blogpost

Veröffentlicht am: 25.06.2015

Gespeichert in: 2015

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Schlagwörter: Bargeld, Bargeldabschaffung, Abschaffung, Schweden, Bargeldes, creditolo

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