Bewegung am deutschen Bankenmarkt
Der deutsche Bankenmarkt gerät in Bewegung. Die Kreditwirtschaft steht vor gravierenden Veränderungen, das Bild ist geprägt von Übernahmen, Outsourcing und Gerüchten über Zusammenschlüsse.
Das wohl traurigste Bild gibt derzeit die IKB ab. Einst als mündelsichere Aktie bezeichnet, stürzte das Institut im Zuge der amerikanischen Immobilienkrise ab und musste vom Steuerzahler – diesmal in Gestalt der bundeseigenen KfW – vor dem Untergang gerettet werden. Jetzt steht das Geldhaus zum Verkauf – so recht anbeißen will allerdings niemand. Die Zurückhaltung möglicher Käufer verwundert auch nicht weiter. Derzeit wird mit drei Bietern verhandelt, darunter Gerüchten zufolge die skandinavische Großbank SEB und zwei amerikanische Finanzinvestoren. Welchen Preis die KfW letztlich für das ehemals angesehene Geldhaus erzielen wird, steht indes in den Sternen – ob die Übernahme für den Käufer zu einem Erfolg wird, übrigens auch.
Als wenig erfolgreich lässt sich die vor einigen Jahren absolvierte Akquisition der Dresdner Bank durch die Allianz AG bezeichnen. Jahrelange Verluste, eine katastrophale Stimmung im Unternehmen und die Einsicht, dass eine auf Massenvertrieb ausgerichtete Assekuranz nicht zu einer renommierten Investmentbank passt, haben die Verantwortlichen dazu bewogen, die Dresdner Bank auf den Markt zu werfen. Zu wem das Kreditinstitut passen könnte, ist allerdings nicht ganz klar.
Ein Zusammenschluss mit der Commerzbank und dadurch der Aufstieg zu einer echten Macht erscheint zwar denkbar, angesichts der Reaktionen auf beiden Seiten jedoch unwahrscheinlich. Ob die Deutsche Bank noch Interesse hat, wie es vor einigen Jahren der Fall war, darf bezweifelt werden. Die Verantwortlichen um Josef Ackermann richten ihr Augenmerk verstärkt auf die Postbank und ziehen informierten Kreisen zufolge eine Übernahme in Betracht. Die Postbank mit ihren 14 Millionen Privatkunden bietet eine exzellente Vertriebsplattform für Retailgeschäfte.
Aus diesem Grund ist auch das Interesse der Allianz noch nicht ganz verstummt. Die Münchner könnten durch einen Vertrieb ihrer Produkte über Postfilialen profitieren. Die Postbank jedenfalls passt im Hinblick auf ihr Image deutlich besser zur Allianz als es die Dresdner Bank je tat.
Die Citigroup indes geht einen ganz anderen Weg. Anstelle von Übernahmephantasien wird eine Schlankheitskur als das Mittel der Wahl gesehen. Die von milliardenschweren Abschreibungen im Rahmen der ABS-Krise geplagten Investmentbanker wollen Geschäftsteile in großem Volumen abstoßen und auf diese Weise die Kassen füllen. Verkaufen können die Banker auch – ob die derzeitigen Abnahmepreise besonders vorteilhaft sind, darf jedoch hinterfragt werden.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Geldhäuser in den kommenden Wochen und Monaten positionieren. Sicherlich ist eine gewisse Bereinigung wünschenswert und in dieser Phase des konjunkturellen Zyklus auch plausibel. Sofern die Banken es schaffen, durch geschickte Transaktionen ihre Ertragskraft auszuweiten, sollte der Finanzplatz Deutschland davon profitieren.
Fehlschläge aber, wie es bei Allianz und Dresdner der Fall war, werden weder Aktionäre und Mitarbeiter noch die Wirtschaft insgesamt weiterbringen. In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass die Banker in den Chefetagen umsichtig handeln und sich nicht von M&A-Markthelfern zu übertriebener Aktivität leiten lassen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 04.06.2008 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 04.06.2008
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Schlagwörter: Banken, Bankenmarkt, Kreditwirtschaft, Kreditinstitut, Geldhäuser
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