Mythos und kein Ende: Widersprüchliche Forderungen zur Kreditklemme
Das Schreckensszenario einer Kreditklemme hat während der Finanz- und Wirtschaftskrise für Unruhe unter Wirtschaftsexperten gesorgt.
Bei einer Kreditklemme schränken Banken ihre Kreditvergabe ein, wodurch es zu einem empfindlichen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage kommt.
Dies zieht im schlimmsten angenommenen Fall eine Abwärtsspirale nach sich, die die gesamte Wirtschaft in den Abgrund reißen könnte.
Ob eine solche Kreditklemme tatsächlich existiert hat, ob die Gefahr bestand und wie groß diese Gefahr tatsächlich war oder ist, darüber wird nach wie vor gestritten. Seit dem Ausbruch der Krise werden Ergebnisse von Umfragen zur Kreditvergabe ebenso unterschiedlich interpretiert wie Veröffentlichungen der Zentralbank oder von Wirtschaftsforschungsinstituten. Dieses seit nunmehr fast 2 Jahren existente Bild setzt sich aktuell fort.
„Die konjunkturelle Erholung in Deutschland wird von der Kreditpolitik der Banken momentan kaum gebremst“. Das sagte IFO-Chef Hans Werner Sinn anlässlich der Veröffentlichung von Umfragewerten. Demnach erhalten Unternehmen derzeit Kredite genauso leicht wie im August 2008 und damit vor dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers, der zur Eskalation der Krise führte.
Hans Werner Sinn zufolge bezeichnen nur noch knapp 32 Prozent der Betriebe in Deutschland die Kreditvergabepraxis der Banken als "restriktiv". Vor einem Jahr hatten mehr als 45 Prozent der vom Ifo-Institut befragten Unternehmen die Vergabepraxis der Banken als restriktiv bezeichnet.
Auch die Bundesbank sieht derzeit keine Anzeichen einer Kreditklemme und widerspricht damit Befürchtungen, dass die anstehende Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften Banken zu einer restriktiveren Kreditvergabe zwingen könnte.
Ganz anders wird die Situation von vier großen Wirtschaftsverbänden interpretiert. Der DIHK, der BDI, der ZDH (Zentralverband des deutschen Handwerks) sowie der BDA (Verband der Arbeitgeber) verfassen in diesen Tagen einen gemeinsamen Brief an Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Ihre Forderung: Die in der Krise aufgelegten staatlichen Finanzierungsangebote sollen verlängert werden. Derzeit ist seitens des Finanzministeriums ein Auslaufen des Deutschlandfonds zum Jahresende hin vorgesehen.
Die Begründung der Verbände: Im Aufschwung könnte der Finanzierungsbedarf der Unternehmen steigen, was eine Verlängerung des Fonds oder andere Übergangsregelungen erforderlichen machen könnte. Der Deutschlandfonds war in der Krise mit 115 Mrd. Euro ausgestattet worden. Die Mittel bestanden aus direkten Krediten und Bürgschaften der öffentlichen Hand. Bislang wurden allerdings erst 13 Mrd. Euro aus dem Fonds abgerufen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 03.08.2010 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 03.08.2010
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Schlagwörter: kreditklemme, Banken, Unternehmen, Kreditvergabe, Krise
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