Euro-Krise: Commerzbank stellt Kreditvergabe ein
Die Commerzbank stellt angesichts des anstehenden Kapitalbedarfs ihr Kreditgeschäft zunächst bis Ende Juni 2012 ein. Neue Kredite werden bis zu diesem Termin nicht vergeben, bereits ausbezahlte Darlehen ohne Änderungen abgewickelt. Zunächst ist nur das Kredit-Neugeschäft außerhalb von Deutschland und Polen betroffen.
Die Commerzbank will ihre risikogewichteten Anlagen reduzieren. Die Maßnahmen werden den deutschen Mittelstand nach Angaben des zweitgrößten deutschen Kreditinstitutes jedoch nicht betreffen. Die Bank hatte ihr Vorhaben am vergangenen Freitag mitgeteilt. Zur Deckung des Kapitalbedarfs werden auch Kapitalerhöhungen sowie Veräußerungen im Bereich der nicht-strategischen Beteiligungen gehören.
Die Commerzbank ist die erste Bank, bei der die höheren Kapitalanforderungen der Europäischen Bankenaufsicht sich direkt auf das operative Geschäft auswirken. Das teilverstaatlichte Institut hatte für das dritte Quartal abermals hohe Abschreibungen auf Staatsanleihen, insbesondere auf griechische Titel, vornehmen müssen. Die Gewinnziele für 2011 waren daraufhin kassiert worden.
Volkswirte sehen Kreditklemme
In den ersten neun Monaten des Jahres hat die Commerzbank ihr Engagement in risikobehafteten Staatsanleihen bereits deutlich reduziert. In den Euro-Krisenstaaten wurde der Bestand um 20 Prozent abgebaut. Dennoch muss die "Coba" bis Mitte nächsten Jahres Eigenkapital im Volumen von 2,9 Mrd. Euro auftreiben, um die Anforderungen von Basel 2.5 zu erfüllen.
Berenberg-Volkswirt Christian Schulz sieht in der Einstellung des Kreditgeschäfts durch die Commerzbank ein Signal für eine drohende Verknappung auf dem Kreditmarkt. "Die höheren Anforderungen an den Kapitalbedarf führen dazu, dass die Banken über eine Reduktion der Kreditvergabe nachdenken", wird der Experte auf dowjones.de zitiert. Seiner Ansicht nach könnte eine Kreditklemme die einsetzende Rezession noch verstärken.
Seit dem Einsetzen der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2007 und 2008 geistert das Gespenst der Kreditklemme durch Finanzsektor und Realwirtschaft. Dass Horror-Szenario ist wieder einmal ein Dominoeffekt: Schränken Banken die Kreditvergabe zu sehr ein, erhalten Unternehmen und Konsumenten zu wenig Kredite, was zu einer Rezession führt. Die Rezession selbst führt im schlimmsten Fall dann zu einer abermaligen Einschränkung der Kreditvergabe.
Kredite könnten teurer werden
Sehr viel wahrscheinlicher als ein solches Extremszenario ist ein Preisanstieg bei Krediten an Unternehmen und Haushalte. Wenn Banken bei der Refinanzierung größere Schwierigkeiten haben, verlangen sie höhere Risiko- und Gewinnzuschläge. Das reduziert die Investitions- und Anschaffungsneigungen und dämpft die Wirtschaftsentwicklung.
Da sich die Euro-Krise aktuell ein weiteres Mal zuzuspitzen scheint (Italien steht derzeit im Fokus), könnten schon bald weitere Banken dem Beispiel der Commerzbank folgen und ihre Kreditvergabe drosseln. Wer kreditfinanzierte Anschaffungen plant, sollte sie bald angehen. Da sich die Leitzinssenkung der EZB auf länger laufende Ratenkredite ohnehin kaum auswirken dürfte, scheint jetzt ein günstiger Zeitpunkt für die Kreditaufnahme zu sein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 08.11.2011 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 08.11.2011
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Schlagwörter: Kreditvergabe, Commerzbank, anstehender Kapitalbedarf, Neue Kredite, Kreditklemme
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