Tag der Deutschen Einheit
22 Jahre ist der offizielle Vollzug der Deutschen Wiedervereinigung nun her. Anlässlich des heutigen 03. Oktobers, dem Tag der Deutschen Einheit, findet dieses Jahr in München eine zweitägige Großveranstaltung mit jeglicher denkbaren politischen Präsenz statt. Fernab davon lässt sich beobachten, dass die Deutsche Einheit in den Köpfen viel weiter fortgeschritten ist als es manchmal den Anschein macht.
Keine Frage: Bis heute sind noch nicht alle Folgen der jahrzehntelangen Trennung beseitigt. Wirtschaftsleistung und Pro-Kopf-Einkommen der Neuen Länder haben das Niveau des früheren Westdeutschlands noch nicht erreicht. Die Kosten der Deutschen Einheit werden auf 1,3 bis 1,6 Billionen Euro beziffert, wenn alle Transfers inklusive jenen über die gesetzliche Sozialversicherung berücksichtigt werden.
Die Dauer-Krise relativiert die Kosten der Deutschen Einheit
Und doch hat sich in den letzten Jahren die Haltung der Bevölkerung in West und Ost zur Einigung verändert. Die Veränderung geschah passiv: Vielen ist nicht bewusst, dass ihnen die Kosten, die die Zusammenführung zweier Staaten mit einem Volk mit sich bringt, im Fortgang des Zeitgeschehens an Wahrnehmungspriorität verloren haben.
Seit nunmehr fast fünf Jahren hält uns in "Ost und West" die Finanzkrise in Atem. Mächtige Banken fielen, Staaten folgten und werden folgen. Die Summen, die zu den Kosten der Deutschen Wiedervereinigung genannt werden, haben in den Wirren der Krise viel ihres Schreckens eingebüßt: Deutschlands Risiken und die bereits amtlich verbuchten Verluste der Finanz-, Wirtschafts-, Währungs- und Staatsschuldenkrise erreichen längst ein ähnliches Niveau.
Uns Deutsche eint, dass wir nicht so recht wissen, was uns die Rettungsschirme- und Pakete letztlich gebracht haben und noch bringen werden. Uns beschleicht angesichts der Geschehnisse ein immer unbehaglicheres Gefühl. Die meisten Bundesbürger erschauern regelrecht, wenn ihnen die Aktionen der letzten Jahre als "alternativlos" verkauft werden sollen. Letztlich wissen wir bis heute nicht, was Euro und EU uns und unseren Kindern für Lebensverhältnisse bescheren werden.
Die Deutsche Einigung erscheint da in einem sehr viel besseren Licht. Sicher waren die Kosten für alle Beteiligten hoch. Doch die Neuen Länder wurden nicht in Brüsseler Manier "gerettet", sondern aufgebaut. Blühende Landschaften mögen es zwar nicht sein (das eint "Ost und West" im Übrigen auch), aber die frühere DDR ist heute ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Bundesrepublik (zu Deutschland gehörte sie auch vor der Wende ja ohnehin). Unschätzbare kulturelle Erbe in Städten wie Dresden und Leipzig, landschaftliche Reichtümer wie in Mecklenburg-Vorpommern und natürlich eine geeinte Hauptstadt (und sei sie auch noch so arm) machen Deutschland reicher und setzen in einer globalisierten Welt seine Bedeutung herauf.
Die Wiedervereinigung war ein Kredit an uns selbst
Anders als bei der "Euro-Rettung" gab es zur Wiedervereinigung keine auch nur denkbaren Alternativen. Sicherlich hätten die Wirtschafts- und Währungsreformen rückblickend anders gestaltet werden können. Ein(!) Volk aber gehört zusammen: In dem Moment, wo künstliche Trennlinien fallen, ist es automatisch ein geeintes Volk. Die regionalen Unterschiede in Kultur und Mentalität sind zwischen Ost und West keinesfalls größer als zwischen dem Ruhrgebiet und Oberbayern.
So elementare Ereignisse wie das Ende der Trennung eines Volkes lassen sich nicht in Geld aufwiegen. Das deutsche Volk steht über dem deutschen Staat: Die Älteren haben die Weimarer Republik, das Dritte Reich, die DDR und die BRD erlebt. Das Volk überlebt seine Staaten, Schulden verlieren dagegen früher oder später ihre Bedeutung. Auch die regionale Verteilung des Wohlstands ist im Zeitverlauf Änderungen unterworfen: Das West/Ost und das Nord/Süd-Gefälle müssen für die nächste oder spätestens übernächste Generation nicht mehr Realität sein.
Warum, mag sich geneigte Leser fragen, schreibt ein Kreditvermittler über die Deutsche Wiedervereinigung und den Tag der Deutschen Einheit? Was hat das mit Kredit zu tun? Das Tagesgeschäft eines Vermittlers ist von der Thematik natürlich weit entfernt. Motivation für diesen Beitrag ist die Hoffnung, dass sich in den nächsten Jahren auf beiden Seiten der längst gefallenen Grenze ein anderer Blickwinkel auf die Mühen der Deutschen Einheit durchsetzt: Wir haben gemeinsam einen Kredit aufgenommen und diesen an uns selbst ausbezahlt und im Großen und Ganzen (und nur das bleibt!) für unsere Zwecke eingesetzt.
In einer Zeit, in der die Abwägung von Kosten und Nutzen das Denken dominiert, eignet sich vielleicht das Beispiel einer Immobilienfinanzierung zur Veranschaulichung. Wer ein Eigenheim auf Kredit kauft, hat in der ersten Zeit ein unbequemeres Leben als der Mieter, weil die Kreditrate höher ist als der Mietzins. Langfristig zahlt sich die Finanzierung aber aus, weil die Schulden verschwinden, das Haus aber bleibt - auch über den Käufer hinaus.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 03.10.2012 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
Über diesen Beitrag
Veröffentlicht am: 03.10.2012
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Schlagwörter: Tag der Deutschen Einheit, deutsche Wiedervereinigung, 03. Oktober, Volk, Kredit
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