Bundesbank-Statistik überrascht: Kredite sind heute nicht viel billiger als vor fünf Jahren!
Die Zinssätze für Ratenkredite sind in den vergangenen Jahren deutlich weniger stark gesunken, als es die mediale Berichterstattung zu dem Thema vermuten lässt. Das belegt ein Blick in eine seit langer Zeit erhobene, aber nur selten beachtete Bundesbank-Statistik. Die Entwicklung ruft in Erinnerung, wie sich die Kosten bei der Kreditvergabe tatsächlich zusammensetzen – und lässt die Geldpolitik der EZB in keinem guten Licht erscheinen.
Das Zinsniveau im deutschen Kreditgeschäft fällt seit Jahren nahezu ungebremst - das jedenfalls legen die Berichte von Zeitungen und Finanzmagazinen und jedes gängige Format im Servicejournalismus nahe. In der Tat sind die Zinsen heute niedriger als vor einigen Jahren. Sie sind aber keinesfalls "ins Bodenlose gefallen", sondern eher leicht abgerutscht. Das geht aus der monatlich veröffentlichten MFI Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank hervor.
Kredite mit > 5 Jahren Laufzeit sind in diesem Jahr 1,37 % günstiger als 2007
Im Oktober 2015 lag der durchschnittliche Zinssatz für Konsumentenkredite mit einer anfänglichen Laufzeit bzw. Zinsbindung von mehr als fünf Jahren bei 7,36 Prozent Effektiv. Im Oktober 2011 waren es 8,27 % - der durchschnittliche Kreditzins ist in den vergangenen vier Jahren in diesem Laufzeitbereich also um lediglich 0,91 % gesunken.
Auch der Vergleich mit länger zurückliegenden Zeiträumen belegt keinen erdrutschartigen Rückgang der Zinssätze. So verlangten Banken im Neugeschäft mit Krediten mit mehr als 60 Monaten Zinsbindung im Oktober 2007 noch einen durchschnittlichen Zinssatz von 8,73 %. Im Vergleich zum Oktober 2015 ergibt sich daraus ein Rückgang von 1,37 %.
Auch in anderen Laufzeitbereichen fiel der Rückgang der Kreditzinsen weniger stark aus, als es die Berichterstattung und auch die werbliche Darstellung vieler Banken vermuten lassen könnte. So verlangten Banken laut MFI-Statistik im Oktober 2015 für Kredite mit einer anfänglichen Zinsbindung von 1-5 Jahren (eine genauere Aufschlüsselung sieht die Statistik nicht vor) durchschnittlich einen Effektivzins von 4,88 %. Im Oktober 2011 waren es 5,8 %, im Oktober 2007 5,67 %. Die Zinssenkung de vergangenen acht Jahre beschränkt sich demnach auf 0,79 %.
Die MFI Zinsstatistik der Bundesbank
Die Bundesbank veröffentlicht ihre Zinsstatistik monatlich. Die in diesem Beitrag verwendeten Daten beziehen sich auf das Neugeschäft. Darunter fallen alle von berichtspflichtigen Banken mit privaten Haushalten neu getroffenen Vereinbarungen. Als solche wiederum stuft die Bundesbank sämtliche Finanzverträge ein, in denen die Konditionen im Meldemonat erstmals festgelegt worden sind.
Auch neu vereinbarte Zinssätze bestehender Kredite werden mitgezählt. Die Zinssätze werden nach Darstellung der Bundesbank "als volumengewichtete Durchschnittszinssätze über alle im Laufe des Berichtsmonats abgeschlossenen Neuvereinbarungen berechnet". Es handelt sich um Effektivzinssätze.
Zinsen bei Immobilienkrediten sind stärker gesunken
Die Statistik enthält auch Angaben über die Zinssätze von Immobilienkrediten. Diese kosteten bei einer anfänglichen Zinsbindung von 5-10 Jahren im Oktober 2015 durchschnittlich 1,94 %. Im Jahr 2011 waren es 3,61 % und im Jahr 2007 noch 5,08 %. Der durchschnittliche Zinssatz für Immobilienkredite in diesem Laufzeitbereich ist mit 3,14 % also deutlich stärker gesunken als der durchschnittliche Zinssatz für Konsumentenkredite (1,37 % bei > 5 Jahren Laufzeit).
Das ist im Wesentlichen auf zwei Ursachen zurückzuführen. Erstens ist die Wettbewerbsintensität auf dem Markt für Immobilienkredite deutlich höher als bei Immobilienkrediten. Das liegt vor allem an der in diesem Bereich sehr aktiven Tätigkeit von Kreditvermittlern, die im Konsumkreditsegment bislang noch nicht diese Rolle spielen.
Wettbewerb und Kostenstruktur als Ursache
Zum anderen macht die sehr viel stärkere Absenkung des Zinsniveaus bei Immobilien- im Vergleich zu Konsumkrediten deutlich, dass sich die Kostenstrukturen beider Segmente deutlich unterscheiden. Die Kosten für Kredite mit grundpfandrechtlicher Besicherung bestehen im Wesentlichen aus den Refinanzierungskosten, die durch die Anleihekäufe der EZB und andere gelpolitische Maßnahmen tatsächlich signifikant gesenkt wurden.
Die Kosten eines Konsumentenkredits bestehen aus Sicht der Banken zu einem sehr viel größeren Teil aus dem Ausfallrisiko, das sich auch durch geldpolitische Maßnahmen nur bedingt reduzieren lässt – es sei denn, Kreditrisiken könnten durch Geschäftsbanken an die Zentralbank ausgelagert werden.
Allerdings ist anzumerken, dass es sich bei den Angaben in der MFI Zinsstatistik um reine Durchschnittswerte handelt. Angaben zur Bandbreite der am Markt üblichen Zinssätze macht die Bundesbank nicht. Die nach eigenen Angaben unabhängige FMH Finanzberatung schätzt die Spanne für Hypothekenkredite mit zehn Jahren Sollzinsbindung auf 1,26 % bis 1,97 %.
Ratenkredite mit 60 Monaten Laufzeit sind demnach für 2,93 % bis 9,99 % erhältlich – die Spanne ist also um mehr als Fünffache größer als der Rückgang des Zinsniveaus zwischen 2007 und 2015. Wichtiger als der Blick auf Zinsstatistiken ist deshalb das Auge für den richtigen Anbieter ;)
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 26.01.2016 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
Über diesen Beitrag
Veröffentlicht am: 26.01.2016
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Schlagwörter: Bundesbank-Statistik, Kredite billiger, Kreditzinsen
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