Historisch Niedrige Zinsen: Wie Kreditnehmer aus Immobilienkrediten herauskommen
Immobilienkredite sind derzeit so günstig wie nie. Aus laufenden Finanzierungen kommen Kreditnehmer in der Regel aber nicht heraus, so dass eine attraktive Umschuldung nicht möglich ist. Doch es gibt einige Ausnahmen.
Grundsätzlich müssen Banken einer vorzeitigen Kündigung von Immobilienkrediten mit Vorfälligkeitsentschädigung nur zustimmen, wenn der Kreditnehmer ein berechtigtes Interesse vorweisen kann. Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn die finanzierte Immobilie veräußert wird oder die Bank ein zusätzliches Immobiliendarlehen (z. B. für eine Modernisierung) verweigert. Das zwischenzeitlich gesunkene Zinsniveau begründet kein berechtigtes Interesse.
Vorfälligkeitsentschädigung macht Kreditkündigung unattraktiv
Ansonsten ist eine Kündigung erst am Ende der vereinbarten Zinsbindungsfrist, spätestens aber zehn Jahre nach der vollständigen Auszahlung möglich. Liegt kein berechtigtes Interesse an einer Kreditkündigung vor kann die Bank die Entschädigung nach billigem Ermessen festlegen. In der Regel lohnt sich dann selbst die Umschuldung in den günstigsten am Markt erhältlichen Kredit nicht mehr. In der Praxis müssen Kreditnehmer bei Kündigungsgesuchen ohne berechtigtes Interesse damit rechnen, dass die Bank gar nicht reagiert.
Liegt ein berechtigtes Interesse vor ist eine Kündigung mit sechsmonatiger Frist möglich. Auch dann darf die Bank eine Entschädigung verlangen, muss bei ihrer Berechnung aber bestimmte Regel einhalten. So dürfen nur bestimmte Vergleichszinssätze herangezogen werden. Auch muss die Bank bei der Bemessung der Entschädigung davon ausgehen, dass der Kreditnehmer alle ihm zustehenden Sonderzahlungen genutzt hätte.
Entschädigung beträgt oft 20% der Restschuld
Das niedrige Zinsniveau treibt die Entschädigungen in die Höhe. Im Januar berichtete die "Wirtschaftswoche" unter Berufung auf Schätzungen von Verbraucherschützern, dass Entschädigungen im derzeitigen Marktumfeld häufig 17 bis 20 Prozent der verbliebenen Restschuld ausmachten. Es wird empfohlen, die veranschlagte Entschädigung von Verbraucherschutzorganisationen prüfen zu lassen. Diese verlangen dafür zumeist Gebühren in der Größenordnung von 50 bis 100 Euro.
Dass die Entschädigungen so üppig ausfallen ist auf die sehr niedrige Umlaufrendite von Hypothekenpfandbriefen zurückzuführen. Diese Umlaufrendite wird als Wiederanlagezins unterstellt, den die Bank mit dem vorzeitig zurückbezahlten Kredit erzielen kann.
Fehlerhafte Widerrufsbelehrung als spätes Glück
Ein Teil der Kreditnehmer mit Zinsbindung kommt allerdings ganz um jegliche Entschädigung herum und kann jederzeit kündigen: Im vergangenen Sommer berichteten Verbraucherzentralen von fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in vielen Kreditverträgen. Bis zum Erhalt einer gültigen Belehrung können Kreditnehmer ihr Darlehen jederzeit zurückgeben.
Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte damals 300 Kreditverträge untersucht und mehr als zwei Drittel davon als fehlerhaft eingestuft. Christian Schmidt-Burgk, Baufinanzierungsexperte bei der VZ HH, wurde damals im "Handelsblatt" zitiert: "Ist die Widerrufsbelehrung falsch, startet die Widerrufsfrist nicht. Der Widerruf des Kreditvertrags kann also jederzeit erklärt werden". Betroffene Kunden sollten ihren Kreditvertrag nicht kündigen, sondern widerrufen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 05.03.2014 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
Über diesen Beitrag
Veröffentlicht am: 05.03.2014
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Schlagwörter: Wie Kreditnehmer aus Immobilienkrediten herauskommen, Historisch Niedrige Zinsen
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