Kreditnehmereinheit
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat sich mit Rundschreiben 3/97 über Kreditnehmereinheiten nach § 19 Abs. 2 Satz 1 KWG ausgelassen. Da die Lektüre dieses Rundschreibens wegen schwer verdaulichen Zutaten zu Unwohlsein führen kann, wollen wir hier und an dieser Stelle versuchen, den Begriff „Kreditnehmereinheit“ ein wenig lockerer zu handhaben und verständlich zu machen.
Eine Kreditnehmereinheit beschreibt die Zusammenfassung mehrerer Kreditnehmer. Was das wiederum im Einzelnen bedeutet, steht im 5. KWG-Änderungsgesetz.
Um als Kreditnehmereinheit gelten zu können, müssen sich zwei oder mehr natürliche oder juristische Personen bzw. Personenhandelsgesellschaften zusammenschließen. Doch damit nicht genug: Eine der Personen muss zudem mittelbar oder unmittelbar beherrschenden Einfluss auf die anderen ausüben können, gerade so wie eine Mutter über ihren Spross.
Diese Kreditnehmereinheit wird dann auch gerne als Risikoeinheit bezeichnet. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Abhängigkeit zwischen den Personen gegeben ist und folgert unverdrossen, dass finanzielle Schwierigkeiten des einen auch zu Zahlungsschwierigkeiten des anderen Partners führen werden. Um beim Mutter-Sohn-Beispiel zu bleiben: Ist die Mutter blank, hat der Bub wahrscheinlich auch nichts mehr zu essen. Allerdings ist im Fall der Kreditnehmereinheit die Risikoeinheit als wechselseitig zu betrachten. Wenn also der Bub Mist baut, muss auch die Mutter dafür aufkommen.
So war es bis 1997 erschöpfend erklärt, aber mit oben genanntem Rundschreiben hat der Gesetzgeber Würze in die Suppe gegeben und das in dem neuen § 19 Abs. 2 Satz 2 KWG festgehalten. Wer sich den Wust von Paragraphen anschauen will, kann dort feststellen, dass „…zwei oder mehr Adressen für die Berechnung der Auslastung der Großkreditobergrenzen zu einem Kreditnehmer zusammenzufassen sind“. Eine Kreditnehmereinheit kann also größere Kreditobergrenzen ausschöpfen, als es eine einzelne Person tun könnte. Allerdings ist es offensichtlich, dass unter den Personen beherrschender Einfluss spürbar sein muss. Der oder die Beherrschende muss jedoch keine Unternehmenseigenschaft mehr vorweisen können, wie das vor dem Rundschreiben der Fall gewesen war.
Eine Risikoeinheit kann aber auch ohne ein Beherrschungsverhältnis vorliegen, wenn zwischen zwei oder mehr Personen wirtschaftliche Abhängigkeiten erkennbar sind. So könnte ein Zuliefererbetrieb von einem Automobilkonzern abhängig sein und in Zahlungsschwierigkeiten geraten, wenn der Konzern in die Miesen gerät. Knifflig wird es, wenn der Zulieferer hier zu einer Risikoeinheit gehört und in einer anderen Liaison aufgrund anderer Zusammenfassungstatbestände weiteren Kreditnehmereinheiten zuzuordnen ist.
Da – wie oben bereits erwähnt – für den Begriff Kreditnehmereinheit eine wechselseitige Abhängigkeit gegeben sein muss, kommt das Beispiel Konzern / Zulieferer hier nur in Betracht, wenn sich beide Betriebe wirtschaftlich bedingen. Gerät der eine in Schwierigkeiten, muss auch der andere daran leiden. Dass Kreditnehmer zu einer Risikoeinheit zusammengefasst werden können, ist nur möglich, wenn alle voneinander abhängig sind. Finanzielle Schwierigkeiten eines x-beliebigen Gliedes der Einheit muss daher direkt oder indirekt bei allen anderen Teilen dieser Einheit zu Zahlungsschwierigkeiten führen (Domino-Effekt). Zumindest muss das sehr wahrscheinlich sein.
Im Bilden von Risikoeinheiten zur hausinternen Risikoeinschätzung bleibt es den Kreditinstituten überlassen, Risikoeinheiten zu bilden. Um aber eine einheitliche Zusammenfassungspraxis zu gewährleisten, sind die Geldhäuser angehalten, zweifelhafte Fälle der jeweiligen Landeszentralbank zur Entscheidung vorzulegen. Falls erforderlich, wird die Landeszentralbank die Abstimmung mit dem Bundesaufsichtsamt herbeiführen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Eine Kreditgebereinheit wird geschlossen, um einen höheren Kreditrahmen auszuschöpfen. Dabei muss die Kreditnehmereinheit jedoch Fakten aufweisen, die sie wie eine einzige Person (oder wenigstens eine Familie) erscheinen lassen. Das heißt: die Mitglieder der Kreditnehmereinheit müssen sich gegenseitig beherrschen und finanziell voneinander abhängig sein. Erst dann werden sie als Kreditnehmereinheit akzeptiert.
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